Männerköpfe in Strumpfhosen - „The Mastermind“ ist ein köstliches Spiel mit dem Genre Heist-Movie

Ob hier wirklich ein „Mastermind“, ein kluger Kopf oder gar ein Genie am Werk ist, weiß man erst am überraschenden Ende. Bei US-Drehbuchautorin und Regisseurin Kelly Reichardt („First Cow“) kann man aber damit rechnen, dass sie sich weniger mit einem außergewöhnlich intelligenten Strippenzieher beschäftigt als mit einem Außenseiter, der naiv seine Chance sucht.
J.B. Mooney, zweifacher Familienvater in Massachusetts , einst Kunststudent und jetzt arbeitsloser Schreiner, wird finanziell durch seine Eltern unterstützt, der gütigen Mama und dem Vater, einem ehrbaren Richter. Seine Frau (Alana Haim - auch Musikerin und Sängerin der Rockband Haim) ist allerdings mit dem erfolglosen Schluffi nicht ganz glücklich. Der plant Ungesetzliches.
In der Kleinstadt der 70er-Jahre geht alles trotz Proteste gegen den Vietnamkrieg und Präsident Richard Nixon seinen Gang, den historischen Kontext liefern die wechselnden Fernsehberichte im Hintergrund. J.B. kundschaftet das Sicherheitssystem des örtlichen Museums aus, klaut als Test kleine Holzfigur, bevor er sich an die Organisation des Diebstahls von vier Gemälden des wenig bekannten amerikanischen Künstlers Arthur Dove traut.
Seinen trotteligen Komplizen erklärt er großspurig, er habe „alles geplant“. Was folgt, ist indes eine stümperhafte Aktion, bei der J.B. dilettantisch die Fäden von außen zieht, während drinnen die Räuber mit Strumpfhosen über dem Kopf eher lächerlich wirken und kurz nach dem Coup auf dem Polizeirevier landen.
Die Geschichte über Kunst und Verbrechen orientiert sich anfangs am klassischen Heist-Movie, bricht dann aber mit dessen Konventionen (auch in der zeitlichen Abfolge) und amüsiert mit bösem Humor und einer Ansammlung absurder Situationen.
Der Raubüberfall findet im ersten Viertel des Films statt, im Mittelpunkt stehen nicht die akribische Vorbereitung, sondern die Nachwehen der Tat, die in einer Studie über einen Mann münden, dessen brüchige bürgerliche Welt aus den Fugen gerät, dessen Traum vom coolen Gangster und Reichtum zerplatzt.
Der Brite Josh O`Connor spielt diesen Unglücksraben mit Wuschelhaaren und Charme, der - mit den Konsequenzen seines Handels konfrontiert - sich zum beinharten Opportunisten wandelt und in die Enge getrieben, jegliche Skrupel und Moral vergisst. Die Ironie des Schicksals: Seine Flucht vor der Polizei endet ausgerechnet in einem Demonstrationszug.
„Mastermind“ J.B. ist kein Superhirn und weit entfernt vom Image eines charismatischen Anführers und Frauenhelden wie es George Clooney und seine „Gentleman-Gangster“ in den Filmen der „Ocean’s“-Reihe waren.
Fast fühlt man Mitleid mit dieser tragikomischen Figur, die hilflos an Selbstüberschätzung und Selbstgefälligkeit scheitert. Fast.
„The Mastermind“, Regie: Kelly Reichardt, mit Josh O´Connor und Alana Haim, 110 Minuten, FSK 12 (startet am 16. Oktober in den Kinos)
rnd