Nicht zum ersten Mal sind die exklusiven Wagner-Festspiele in Bayreuth ausverkauft.

Der Kartenverkauf begann wie jedes Jahr vor Weihnachten. Jedes Jahr war es trotz genauer Terminplanung oft unmöglich, Karten für die Bayreuther Festspiele zu bekommen . Fans standen jahrelang Schlange, um eine zu ergattern, und passten dann ihren Urlaub oder ihre Arbeitsprojekte an die erschwingliche Vorstellung an. Merkel räumte damals ein, dass auch sie Schlange stehen musste.
Doch in diesem Sommer, nur wenige Stunden vor der Eröffnung des legendären Grünen Hügels , warten noch Karten an der Abendkasse auf den Kauf. Laut dem kaufmännischen Leiter der Festspiele, Ulrich Jagels, sind für „Tristan und Isolde“ und „Parsifal“ noch Plätze frei. Zum ersten Mal seit Generationen gibt es in Bayreuth kein „Ausverkauft“-Schild mehr.
Im vergangenen Jahr seien die Tickets laut Jagel noch ausverkauft gewesen. Rund 14,3 Millionen Euro habe das Festival 2024 durch den Ticketverkauf eingenommen. Das Gesamtbudget liege bei rund 27,75 Millionen Euro, so dass ein Überschuss von 2,7 Millionen Euro zustande gekommen sei.
Rund 35 Prozent des Gesamtbudgets werden durch öffentliche Zuschüsse finanziert, auch die Bayreuther Freunde der Festspiele tragen dazu bei. Die Mitglieder dieses Vereins altern, wie das gesamte Wagner-Publikum, stetig. Reservierte Plätze für Mitglieder sind manchmal nicht belegt und werden in letzter Minute verkauft, nur um dann abgelehnt zu werden. Deshalb bemühen sich die Festspiele, jüngere Fans zu gewinnen.
Der Förderverein trägt nach eigenen Angaben in diesem Jahr rund 1,8 Millionen Euro zum Haushalt bei und unterstützt auch Projekte wie die Kinderoper, die laut Georg von Waldenfels von Beginn an ein großes Publikum ansprechen soll.
„Meine Eltern nahmen mich mit nach Bayreuth, mein Vater seinen. So machten wir den Sommer, und ich kam nie auf die Idee, etwas anderes zu tun. Früher dachten wir anders. Meine Kinder hingegen organisieren ihre Ferien schon seit frühester Kindheit selbst und haben ihre eigenen Pläne. Und meine Enkelkinder erst recht. Sie haben die Wahl, und obwohl sie schon mehrere Aufführungen besucht haben und Wagner, wie er, zu schätzen wissen, dieses Jahr entschieden sie sich für eine Auslandsreise“, sagt Fabian Kassel, ein 82-jähriger Wagner-Liebhaber. „Ich glaube, es hat etwas Kulturelles zu tun, mit der Abkehr unserer heutigen Gesellschaft von Exzellenz“, diagnostiziert Amanda Lens, die kürzlich aus dem Ausland eingereist ist.
Jeden Sommer strömen mehr als 60.000 Fans aus aller Welt an diesen Ort in der fränkischen Region Bayerns. Das von Wagner selbst entworfene Theater ist berühmt für seine einzigartige Akustik und sein Design, das speziell auf die Aufführung der Opern des deutschen Komponisten zugeschnitten ist und das Gebäude zu einer Art musikalischem Tempel in seinem Gedenken macht.
Die 150. Jubiläumsausgabe im nächsten Jahr wirft bereits ihre Schatten voraus, und Festspieldirektorin Katharina Wagner hat bereits angekündigt, dass Stardirigent Christian Thielemann, derzeit Chef der Berliner Staatsoper, die musikalische Leitung des Ring des Nibelungen übernehmen wird. Teil der Produktion wird eine KI-generierte Aufführung sein, die teilweise auf Bildmaterial früherer Ring-Produktionen zurückgreift – ein neues Bühnenprodukt, mit dem Bayreuth jede Aufführung zu einem einzigartigen Erlebnis macht und sich gleichzeitig aktualisieren und neues Publikum gewinnen möchte.
Dieser Freitag eröffnet die diesjährige Ausgabe mit der Premiere einer Neuinszenierung von „Die Meistersinger von Nürnberg“, die auf großes Interesse gestoßen ist. Die musikalische Leitung liegt beim Italiener Daniele Gatti, die Inszenierung übernimmt der Deutsche Matthias Davids, der in seiner Version die humorvollen Aspekte des Librettos besonders hervorhebt. Die Stimmen von Georg Zeppenfeld als Hans Sachs, Christina Nilsson als Eva, Michael Spyres als Stolzing und Michael Nagy als Beckmesser garantieren ein hohes Niveau.
Thielemanns Rückkehr als Dirigent des Lohengrin wurde von eingefleischten Wagner-Anhängern als „Ereignis des Jahres“ gefeiert, während die körperlichen Anforderungen an Andreas Schager, der an aufeinanderfolgenden Abenden Parsifal und Tristan singt, von einigen Kritikern als „rücksichtslos“ bezeichnet wurden.
Der Auftakt des Festivals fand gestern Abend mit einem Open-Air-Konzert statt, bei dem der Spanier Pablo Heras-Casado das Bayreuther Festspielorchester dirigierte und ein Programm mit Werken von Wagner, Beethoven und Mahler sowie weiteren Komponisten aufführte. Der Spanier dirigiert am 30. Juli außerdem Parsifal mit Elīna Garanča als Kundry, Andreas Schager als Parsifal und einer Inszenierung von Jay Scheib, die für einen Teil des Publikums Augmented-Reality-Brillen einsetzt. Insgesamt ist die Veranstaltung, die Operaworld bereits als „den besten Parsifal seit über zwanzig Jahren“ bezeichnete, eine wahre Meisterleistung.
Auch in Bayreuth gibt es Veränderungen in der Geschäftsführung. Die bayerische und die deutsche Regierung haben Matthias Rädel, 19 Jahre lang stellvertretender Generalintendant und Controlling-Direktor der Deutschen Oper Berlin, zum neuen Generalintendanten ernannt. Seine Aufgabe wird die Aufsicht über alle finanziellen und administrativen Angelegenheiten sein, sodass sich Katharina Wagner ganz auf die künstlerische Arbeit konzentrieren kann.
ABC.es