BBC-Direktor Tim Davie tritt nach einem manipulierten Trump-Video zurück

Nach zunehmenden Vorwürfen der Einseitigkeit hat auch die News-Chefin Deborah Turness ihr Amt niedergelegt. Nebst der irreführend geschnittenen Trump-Rede wurde die Gaza-Berichterstattung des britischen Vorzeigesenders kritisiert.
David Signer, London

Max Mumby / Indigo / Getty Images Europe
Am Sonntagabend hat die BBC bekanntgegeben, dass sowohl der Generaldirektor Tim Davie wie auch die Nachrichtenchefin Deborah Turness zurücktreten. Auslöser ist eine Sendung über den amerikanischen Präsidenten Donald Trump, die im Oktober 2024, also in der Schlussphase des amerikanischen Wahlkampfs, ausgestrahlt wurde.
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Die «Panorama»-Sendung handelte vom Sturm auf das Capitol am 6. Januar 2021 und enthielt Szenen, die in einer irreführenden Art geschnitten wurden. Sie erweckten den Eindruck, der scheidende Präsident Trump habe seine Zuhörer aufgefordert, zum Capitol zu marschieren und dort «wie verrückt zu kämpfen». Dabei wurden verschiedene Passagen von Trumps Rede so montiert, dass ein falscher Eindruck der Geschehnisse entstand. In Wirklichkeit hatte Trump in seiner Rede nur gesagt: «Wir gehen hinunter zum Capitol und werden unsere mutigen Senatoren und Abgeordneten anfeuern.» Die «Kampf»-Passage stammte aus einem früheren Teil der Rede und bezog sich nicht direkt auf das Capitol.

Es war Michael Prescott, der die Eingriffe der BBC öffentlich machte. Er hatte als externer Berater im BBC-Ausschuss für redaktionelle Richtlinien und Standards gearbeitet. Die konservative britische Zeitung «The Telegraph» veröffentlichte als erste Ausschnitte aus einem 19-seitigen Dokument, in dem Prescott den öffentlichrechtlichen Sender massiv kritisierte. Abgesehen von der «Panorama»-Sendung mit dem Titel «Trump – A Second Chance?» wurde die BBC im Zusammenhang mit der Gaza-Berichterstattung und wegen des Umgangs mit Transgender-Themen angegriffen. Auch BBC Arabic geriet stark unter Beschuss. In allen Fällen wurden dem renommierten Sender Einseitigkeit und Parteinahme vorgeworfen.
Prescott beendete seine Beratertätigkeit diesen Sommer, offensichtlich frustriert. Die BBC-Führungsriege habe seine Beschwerden ignoriert und die Trump-Sendung verteidigt, sagte er.
Plötzliche Kehrtwende der KulturministerinKemi Badenoch, die Vorsitzende der Konservativen, hatte schon letzte Woche Davies Rücktritt gefordert. Die Tories kämpfen seit Jahren für die Abschaffung der Gebührenpflicht für die BBC.
Trumps Pressesprecherin Karoline Leavitt bezeichnete die BBC in einem Interview am Freitag als «100 Prozent Fake News» und eine «Propagandamaschine».
Lisa Nandy, die britische Ministerin für Kultur, Medien und Sport, sagte am Sonntag, dass die Angelegenheit sehr ernst sei. Es gebe eine Reihe von sehr schwerwiegenden Anschuldigungen, vor allem, dass es bei der BBC eine systemische Voreingenommenheit gebe in der Art, wie über schwierige Themen berichtet werde. Das Statement war umso überraschender, als sie die BBC und Davie noch bis kurz zuvor verteidigt hatte. Sogar die BBC selbst äusserte sich in einer Analyse überrascht über die dramatische Wende innerhalb von wenigen Stunden.
«Ein trauriger Tag»In seiner Mitteilung schrieb Davie, der seit zwanzig Jahren für die BBC arbeitete, davon fünf als Generaldirektor: «Dies ist ganz allein meine Entscheidung, und ich bin dem Chair und dem Board für ihre unerschütterliche und einmütige Unterstützung während meiner gesamten Amtszeit dankbar, auch in den vergangenen Tagen.» Die BBC leiste gute Arbeit, schrieb er weiter – «aber es wurden Fehler gemacht, und als Direktor muss ich die Verantwortung dafür übernehmen».
Er wolle einem Nachfolger Zeit geben, die anstehende Charta-Planung mitzugestalten, teilte er mit. Er wird noch einige Monate im Amt bleiben, bis eine Nachfolge gefunden ist. «Dies ist ein trauriger Tag für die BBC», sagte Samir Shah, der Vorsitzende des Senders.
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