Blaupunkt, Aiwa, Telefunken: Was wurde aus den Hifi-Marken unserer Kindheit?

Jetzt ist Blaupunkt endgültig Geschichte. In Hildesheim in Niedersachsen, wo das Unternehmen einmal tätig war, wird dieser Tage das Insolvenzverfahren um die einstige deutsche Traditionsfirma beendet. Wie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ berichtet, werden durch das Amtsgericht noch die letzten Auszahlungen an Gläubiger veranlasst – dann wird Blaupunkt endgültig aus dem Handelsregister gelöscht. Schon 2015 war das Unternehmen in die Insolvenz gegangen.
Vorbei die Zeiten, als Blaupunkt für Spitzenqualität im Bereich der Unterhaltungselektronik stand. Mit Audiogeräten für Zuhause, aber vor allem für seine Autoradios wurde das deutsche Unternehmen bekannt: 1932 stellte Blaupunkt auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin das erste Autoradio Europas vor. Erfolgreich waren die späteren Geräte auch wegen ihrer Innovationen: Das automatische Umschalten auf Verkehrsnachrichten wurde in den Siebzigerjahren von Blaupunkt entwickelt.
Mit der Zeit allerdings konnte sich Blaupunkt gegen die internationale Konkurrenz nicht mehr durchsetzen. Insbesondere japanische Hersteller punkteten mit qualitativ ebenbürtigen oder gar besseren Produkten, die gleichzeitig auch noch günstiger waren. 2008 verkaufte der Mutterkonzern Bosch seine Hifi-Tochter Blaupunkt an die Investmentholding Aurelius. Sieben Jahre später folgte die Insolvenz.
Das Ende des deutschen Unternehmens ist nur ein Fall von vielen: In kaum einem anderen Sektor verschwanden so viele traditionsreiche Firmen wie im Bereich Unterhaltungselektronik und Hifi. Viele Marken existieren zwar noch – doch meist sind sie nicht mehr als ein Logo, das auf Geräte anderer Hersteller geklebt wird. Im Falle von Blaupunkt werden für die Markennutzung heute Lizenzen vergeben, unter anderem an Unternehmen aus Indien und Südamerika. Verkauft werden unter dem traditionsreichen Namen heute E-Bikes und Haushaltsgeräte, zum Teil aber auch noch immer Unterhaltungselektronik.
Ganz aktuell betrifft der Umbruch in der Branche die Traditionsmarken Bowers & Wilkins (Großbritannien), Denon (Japan) und Marantz (USA/Japan) – alle haben eine jahrzehntelange Geschichte. Der Mutterkonzern Sound United war Anfang 2022 von der Masimo Corporation übernommen worden – ein Unternehmen, das sich eigentlich auf Medizintechnik spezialisiert hatte. Im Mai dieses Jahres wurde dann bekannt, dass die Marken erneut verkauft werden – diesmal an die Samsung-Tochter Harman.
Für Nutzerinnen und Nutzer der Produkte bedeutete das zunächst ein monatelanges Bangen: Wird es die Marken in absehbarer Zeit überhaupt noch geben? Die gute Nachricht: Aktuell scheint Harman keine Pläne zu verfolgen, sie einzustellen. Das Unternehmen, das auch Marken wie JBL und Harman Kardon beherbergt, will laut dem Chef der Lifestyle-Sparte, Dave Rogers, mit Marantz, Denon sowie Bowers & Wilkins das bestehende Portfolio erweitern.

Musikstars wie Taylor Swift, Harry Styles oder Justin Bieber bieten ihre Alben inzwischen wieder auf Musikkassette an – in den USA zeigt sich zudem ein Anstieg der Verkaufszahlen. Liegt es am Sound? An der Haptik? Oder warum ist das Medium aus dem vorigen Jahrhundert plötzlich wieder gefragt?
Der Markt für Hifi und Unterhaltungselektronik ist seit jeher hart umkämpft – und hat sich insbesondere im vergangenen Jahrzehnt stark gewandelt. In moderne Autos bauen Hersteller heute ihre ganz eigenen Audiosysteme mit großflächigen Displays ein. Mit dem Aufkommen des Musikstreamings verschwanden nach und nach auch die Hifi-Tower und Standlautsprecher aus den Wohnzimmern – ersetzt wurden sie durch Bluetooth- oder WLAN-Speaker sowie Soundbars.
Dadurch wurden etablierte Marken zunehmend durch Newcomer verdrängt. Unternehmen wie das US-amerikanische Sonos sind – trotz eigener Krisen – heute Platzhirsch im Bereich der WLAN-Lautsprecher. Die einfache Verknüpfung der Lautsprecher spart Kabel, Platz und dürfte für die meisten Musikfans auch klanglich völlig ausreichen.
Nicht jede Marke konnte an den Trend anknüpfen: Zuletzt meldete 2022 das japanische Traditionsunternehmen für AV-Receiver und Heimkino Onkyo Konkurs an – inzwischen wird die Marke von einem Joint Venture weitergeführt. Dual aus dem Schwarzwald, einst bekannt für hochwertige Schallplattenspieler und andere Hifi-Komponenten, ging 2022 in die Insolvenz. Im März 2023 übernahm ein Investoren-Konsortium die Marke.
Doch nicht nur die aktuelle technische Entwicklung sorgt für Bewegung am Markt. Viele Unternehmen, die über viele Jahrzehnte in den Wohnzimmern der Republik zu Hause waren, verschwanden schon vor vielen Jahren. Ein Überblick über die prominentesten Fälle.

Ähnlich wie Blaupunkt war auch Telefunken eines der Aushängeschilder deutscher Unterhaltungselektronik. Schon 1903 entstand das Unternehmen, als Siemens & Halske und AEG auf kaiserlichen Wunsch ihre Kräfte bündelten, um die drahtlose Telegraphie voranzubringen.
In den folgenden Jahrzehnten machte sich Telefunken mit Rundfunkgeräten, Tonbandgeräten und Fernsehern einen Namen. Der Konzern entwickelte auch das PAL-System, ein Verfahren zur Farbübertragung beim analogen Fernsehen. PAL ist heute in über 60 Ländern Fernsehstandard.
In den Achtzigerjahren zwangen finanzielle Probleme den Mutterkonzern AEG zu Verkäufen und Umstrukturierungen. Mit der Auflösung von AEG 1996 verschwand auch Telefunken als Hersteller von der Bildfläche. Ähnlich wie Blaupunkt lebt die Marke heute durch Lizenzprodukte weiter, die von anderen Firmen gefertigt werden.
Saba entstand in den Zwanzigerjahren im Schwarzwald und begann mit der Herstellung von Radioteilen und Bausätzen. Später folgten komplette Radios, von denen vor allem das Modell S 35 als wegweisend gilt.
Nach dem Krieg startete die Produktion zunächst mit Radios neu, ab den 1950er-Jahren auch mit Fernsehern. Später kamen Tonbandgeräte, das tragbare „Sabamobil“ und ab 1967 Farbfernseher hinzu. Die Ultraschall-Fernbedienung gilt als eine der größten Innovationen des Konzerns.
Das Ende für das Unternehmen wurde bereits in den Sechzigern eingeläutet, als es durch hohe Investitionen in Schwierigkeiten geriet. 1968 übernahm der US-Konzern GTE den Großteil der Anteile, 1979 endete die Produktion eigener Hifi-Anlagen, in den Achtzigerjahren ging Saba vollständig an Thomson über. Der spätere französisch-chinesische Mutterkonzern ging 2008 insolvent, 2021 wurden die letzten verbliebenen Gebäude des Unternehmens in Villingen-Schwenningen abgerissen.
Wega wurde 1923 in Stuttgart als Württembergische Radio-Gesellschaft gegründet und begann mit der Produktion von Radiogeräten. 1924 übernahm Hugo Mezger das Unternehmen und brachte es auf Erfolgskurs.
In den Sechzigern arbeitete das Unternehmen mit bekannten Designern wie Verner Panton und Hartmut Esslinger zusammen, wodurch innovative Produkte wie die „Stereobar 3300“ und das „Concept 51k“ entstanden, die sogar im Museum of Modern Art in New York ausgestellt wurden.
1975 übernahm eine Tochtergesellschaft des japanischen Konzerns Sony Wega, ab 1980 wurden die Geräte zunehmend mit Sony-Technologie ausgestattet. Immerhin in Fernsehgeräten lebte die Marke zunächst weiter. Heute ist sie gänzlich vom Markt verschwunden: 2005 bekamen die Sony-Fernseher den neuen Markennamen Bravia.

Japanische Hifi-Marken machten den deutschen zunächst große Konkurrenz – mit der Zeit erlebten aber auch sie einige Niedergänge. Akai, das 1929 in Tokio gegründet wurde, ist ein bekanntes Beispiel. Die Tonbandgeräte der Marke glänzten einst mit allerhand Innovationen – etwa der Autoreverse-Funktion. In den Siebzigerjahren erweiterte das Unternehmen sein Sortiment um Stereoanlagen, Lautsprecher und Videogeräte, in den Achtzigern folgten Kassettendecks, Videorekorder und CD-Player. Parallel dazu gab es die Akai Professional-Sparte, in der Geräte für die Musikproduktion angeboten wurden.
Ende der Neunzigerjahre begannen die Probleme. Akai konnte sich gegenüber Konkurrenten wie Sony oder Panasonic nicht mehr behaupten, die Verkaufszahlen brachen mit der Zeit ein. 1998 wurde Akai von der Hongkonger Grande Holdings übernommen, im Jahr 2000 folgte schließlich die Insolvenz.
Die Professional-Sparte wurde bereits 1999 ausgegliedert. Hier gibt es die Marke auch weiterhin. Fortgeführt wird sie vom US-Unternehmen inMusic Brands – bis heute werden Geräte zur Musikproduktion, etwa Sampler, gebaut und verkauft.
Ein ähnliches Schicksal ereilte den japanischen Konkurrenten Aiwa, der mit seinen Stereoanlagen viele Jahrzehnte lang in Wohn- und Kinderzimmern stand.
Gestartet 1951 in Tokio mit der Herstellung von Mikrofonen, legte das Unternehmen schon bald mit den ersten Kassettenrekordern und Boomboxen nach. In den Siebzigern wurde Aiwa dann weltweit für erschwingliche, aber solide HiFi-Geräte bekannt. Mit seinen portablen Kassettenspielern bot Aiwa auch eine Alternative zu Sonys Walkman.
In den Neunzigern sorgten dann Absatzprobleme, teure Produktionsstätten und eine immer stärkere Konkurrenz für massive Verluste. Sony, das bereits seit den Sechzigern Anteile hielt, übernahm Aiwa 2002 vollständig und positionierte den ehemaligen Wettbewerber als Billiganbieter. Der Plan schlug fehl, 2006 wurde die Traditionsmarke eingestellt. 2013 erwarb die US-amerikanische River West Brands die Markenrechte von Aiwa und gab eine Partnerschaft mit Hale Devices aus Chicago ein. Seither werden unter dem Namen wieder Bluetooth-Geräte und Kopfhörer vertrieben.
Überlebt hat die Umbrüche unter anderem der japanische Mischkonzern Yamaha. Der seit jeher ungewöhnliche Markenname, unter dem neben Hifi-Geräten und Musikinstrumenten auch Motorräder verkauft werden, ist heute im Bereich der Unterhaltungselektronik weiterhin erfolgreich. Das Unternehmen beschäftigt fast 20.000 Menschen und erwirtschaftet einen Umsatz in Milliardenhöhe, wobei ein erheblicher Teil aus der Unterhaltungselektronik stammt.
Die Marke Technics, die zu Panasonic gehört, wurde zeitweise eingestellt, erlebte aber 2014 ein Revival, als auf der Internationalen Funkausstellung neue Geräte vorgestellt wurden. Auch der Walkman-Erfinder Sony bedient weiterhin seine Home-Entertaintment-Sparte und bietet neben Bluetooth-Lautsprechern und Soundbars auch AV-Receiver an.
In Deutschland existiert weiterhin das Unternehmen Sennheiser. Die Sparte Consumer Electronics mit Kopfhörern für Endverbraucher sowie Soundbars wurde allerdings 2022 an den schweizerischen Hörgerätehersteller Sonova verkauft.
Der Premium-TV-Hersteller Loewe erlebte in seiner 100-jährigen Geschichte mehrere Pleiten, ist heute aber weiterhin als Teil des zyprischen Investors Skytec mit Fernsehern, Audio-Produkten und neuerdings sogar Kaffeeautomaten am Markt vertreten. Verwaltung und Produktionsstätten befinden sich noch immer im fränkischen Kronach.
rnd