Alles neu macht der Herbst? So war die Eröffnung des Zurich Film Festival


Andreas Becker / Keystone
Dass der Eröffnungsfilm des Zurich Film Festival «Splitsville» heisst, ist sicherlich reiner Zufall. Und hat nichts mit einem der Meilensteine zu tun, die der Moderator Max Loong an der Eröffnung am Donnerstagabend im Kongresshaus aufzählte. Der einschneidendste geschah hinter den Kulissen: Das Festival ist seit dem Sommer in neuen Händen.
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Die langjährige Besitzerin NZZ verkaufte das ZFF an seinen künstlerischen Leiter Christian Jungen und vier weitere Mitstreiter. Unter ihnen sind neben Loong auch die Vizedirektorin Reta Guetg, der «NZZ am Sonntag»-Gründer Felix E. Müller und der Finanzfachmann Marek Skreta. Ein in der Festivalwelt zumindest ungewöhnlicher Schritt, wohl ebenso wahnwitzig wie wagemutig.
Eine Treppe in den HimmelVon einem «aufregenden Move» sprach Christian Jungen, jetzt habe er wirklich «skin in the game». In der Tat birgt der Schritt persönliche Risiken, doch für das Festival ebenso neue Chancen. Auch weitere Geldgeber, die zahlreichen neuen «Donors», die das Festival bekanntgab, sind ein erster Schritt. Subventionen seien natürlich willkommen, doch auch eine gebührenfreie Nutzung des Sechseläutenplatzes würde das Festival begrüssen, so Jungen.
Die beiden anderen Meilensteine sind eher kosmetischer Natur: Zum ersten Mal wird anlässlich der Preisverleihung im Opernhaus am Samstag, dem 4. Oktober, ein Film gezeigt: das Hip-Hop-Biopic «California Schemin’» von James McAvoy. Der britische Star, der dabei zum ersten Mal Regie führte, wird persönlich anwesend sein.
Der zweite Meilenstein macht sich, dezent, am Eröffnungsabend bemerkbar. Der Eingang zur Gala befindet sich nun auf der Seite des General-Guisan-Quais. Die Idee: eine Treppe, die in den Himmel führt, im Hintergrund der Zürichsee. Dem Festival schwebt Cannes vor, doch für die Fotokulisse muss auch das Wetter mitspielen. Noch ersetzt die Szenerie nicht den «million dollar shot» vor dem Opernhaus.
Andreas Becker / Keystone
Dafür standen recht viele Zaungäste unten an der Strasse und harrten der Ankunft von Dakota Johnson, einer der Hauptdarstellerinnen im Eröffnungsfilm. Die amerikanische Schauspielerin, die durch die «Fifty Shades of Grey»-Trilogie berühmt wurde, erschien im ausladenden blauen Kleid und nahm den Golden Eye Award entgegen. Gerührt gab sie das Lob des Laudators Jungen zurück: «So etwas Nettes hat noch niemand über mich gesagt.»
Der von Johnson mitproduzierte «Splitsville» wurde von der Festivalleitung vollmundig als lustigste Komödie seit langem angekündigt. Zwei Paare schlagen sich mit den Tücken einer offenen Beziehung herum, ehe sie zu dem arg klassischen Schluss kommen, dass Experimente nun auch nicht das Wahre sind. Die visuell unspektakuläre Wahlverwandtschaften-Variation des Regisseurs Michael Angelo Covino wirkt wie eine teils leichtfüssige, teils launige Sitcom. Am Ende wird es zäh.
Ein letztes Mal die Kultrede von Mauch?Das Gegenteil davon war zuvor die Rede von Stadtpräsidentin Corine Mauch, die sich auf rekordverdächtige zwei Minuten beschränkte. Ihre selbstironischen ZFF-Eröffnungsansprachen hatten in den letzten Jahren einen kleinen Kultstatus erlangt. Und so verabschiedete das Festival Mauch, die 2026 nach sechzehn Jahren abtritt, mit einer Video-Collage.
Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider erschien mit ihrem Kleid farblich passend zu Dakota Johnson und weibelte für den Erhalt des Frühfranzösisch. «Ein Land, das solche Filme (gemeint war «Bon Schuur Ticino») hervorbringt, kann doch Französisch nicht abschaffen», sagte sie. Und sie nutzte die Bühne, um für das neue Abkommen mit der EU zu werben. Auf dem grünen Teppich tummelten sich Exponate der Schweizer Prominenz, unter ihnen Marc Sway, Beat Schlatter oder Fiona Hefti. In dieser Hinsicht ist das neue ZFF ganz das alte.
Andreas Becker / Keystone
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