Erzgebirge: In Annaberg gibt’s zu Weihnachten angeheiterte Christkind-Butterstollen

Kurioses hört man dieser Tage von den Stollenbäckern in der erzgebirgischen Backwaren-Handwerk GmbH Annaberg-Buchholz, wo jedes Jahr rund 200.000 Butterstollen die Öfen verlassen. Für die heimischen Läden und für den Rest der Welt.
Sie haben etwas gebacken, das Feinschmeckern munden dürfte: beschwipste Christstollen, die eine Reise zum Mittelpunkt der Erde antreten wollten. Zumindest gelangten sie hinunter bis in die erste Sohle des über 500 Jahre alten Silbererz-Schachtes „Im Gößner“, des Unesco-gelisteten Besucherbergwerks des Annaberger Erzgebirgsmuseums. Nun schlummern sie in fast 14 Meter Tiefe, zu Hunderten hinuntergetragen von Bäckerinnen und Bäckern, Stufe für Stufe, ohne Lift.
Die traditionelle Köstlichkeit aus der Bergstadt, in der einst Rechenmeister Adam Riese lebte, steht schon immer in heftiger Konkurrenz zum berühmten Dresdner Stollen, wobei beide Sorten sogar in Australien, China und den USA vernascht werden, sofern Trump darauf nicht auch noch Zölle erhebt. Vorerst aber duften und reifen sie im Schacht vor sich hin, bis zur Erweckung, wenn der Adventsverkauf beginnt. Allerdings ist die Zahl dieser Bergwerks-Butterstollen limitiert und sie kosten auch etliche Euro mehr als die oberirdisch gelagerten.
Ein kräftiger Schuss „Grubenfeuer“ kommt in den TeigDie Idee für die Schacht-Reise der seit dem Mittelalter, damals als Fasten-Stolle gebackenen Kalorienbomben in Form des mit Puderzucker überzogenen Christkind-Windelwickels, stammt von den Annaberger Bäckern. Sie wussten sich alte wissenschaftliche Erkenntnisse des Bergbaus zunutze zu machen, denn schon der Universalgelehrte Agricola, der auch im Bergbau und Landbau forschte, hatte erkannt, wie förderlich konstante elf Grad Celsius und 95 bis 98 Prozent Luftfeuchtigkeit für Haltbarkeit und die Verteilung von Aromen in Lebensmitteln sind. Ideal für Butterstollen, die lange haltbar bleiben, wenn man will, sogar bis Ostern. Nicht mal Strom braucht es dafür.
Und eine aromatisch verführerische Änderung in der Rezeptur bei ebenfalls limitierten Butterstollen sorgt wohl für reichlich Begehrlichkeiten, denn der Teig wurde statt mit der homöopathischen Dosis Rum nun mit einem kräftigen Schuss „Grubenfeuer“ durchtränkt. Das Destillat wird seit dem Mittelalter aus aromatischen erzgebirgischen Kräutern gewonnen. Der 60-prozentige Traditionsschnaps der Bergleute hat den Ruf, Kranke zu heilen, Berggeister, Ängste – und schlechte Laune zu vertreiben.
Berliner-zeitung